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Coole Cracks präsentieren ihre besten Weine

19 der 33 in der Vereinigung „Junge Schweiz – neue Winzer“ vertretenen JungwinzerInnen präsentierten am Donnerstag, 28. März 2019 im renommierten Hotel Schweizerhof in Luzern ihre von Ideenreichtum und Verve geprägten Kreationen aus dem eigenen Keller.

„Wir dürfen uns zeigen und sind absolut konkurrenzfähig“. Mathias Bechtel, Präsident der 2010 gegründeten Jungwinzervereinigung „Junge Schweiz – neue Winzer“, weist in seiner kurzen Begrüssungsrede stolz auf die dynamische Zusammenarbeit und den wertvollen Austausch unter den Mitgliedern hin. Recht hat er: Die präsentierten Weine brauchen sich vor internationaler Konkurrenz nicht zu scheuen! Die besten Beispiele kredenzen die jungen WinzerInnen zum ausgezeichneten Mittagsmenu im Hopfenkranz in Luzern.

BRUT Blanc de Noir zu Krautstiel-Dip

Patrick Adanks Brut Blanc de Noir, ein knochentrockener, von knackig-frischer Säure und Mineralität geprägter Schaumwein aus der Pinot-Noir-Traube, sprüht förmlich von Kreativität. Den Apéro mit Krautstiel-Dip und Meerrettichmousse unterlegt er auf perfekte Weise. Die Lehr- und Wanderjahre Patricks, darunter auch einige Monate beim Champagner Haus Bérêche et Fils, brachten die Gewissheit, dass auch kleine (Champagner-) Häuser Topprodukte herstellen. Die Pinot-Noir-Trauben des Fläscher Winzers werden für den Schaumwein früh geerntet, damit die zur Herstellung von Schaumwein wichtige Säure erhalten bleibt. Nach der in der Flasche stattfindenden zweiten Gärung weist sein Blanc de Noir höchstens 12,5 Vol. % Alkohol auf. Patrick beabsichtigt, seinen Schaumwein in Zukunft vier Jahre lang auf dem Hefelager im ausrangierten Armeebunker ruhen zu lassen, bevor er ihn für den Markt freigibt. Der verkostete Blanc de Noir brachte es bereits auf zwei Jahre. Im Glas mit hellem, leuchtenden Zitronengelb und grünlichen Reflexen, besticht er sowohl in der Nase wie im Gaumen mit feinen Zitrus- und Autolysenoten.

„Es braucht keine Neuheit, sondern nur die gewisse Feinheit“

Die Aargauer Winzerin aus Küttigen, Susi Steiger-Wehrli, bringt zur Vorspeise ihren „Esprit“ 2017, einen goldgelben, komplexen Riesling-Silvaner (MüllerThurgau), der das Muschelkalk-Terroir auf bestechende Weise wiedergibt: Tiefgründig, finessenreich, mit Aromen von Aprikosennoten, dezentem Veilchenduft im Hintergrund und einem Hauch Vanille zeigt sich der Wein am Gaumen eher breit und mit guter Säurestruktur. Ein Wein mit Reifepotenzial. Die junge Winzerin verweist auf ihre Burgunder Erfahrung. Dort beeindruckte sie die Herstellungsmethode der weltberühmten Essensbereiter aus sehr reifen Chardonnay-Trauben. Den Saft ihrer braunfleckigen Beeren füllt Susi Steiger-Wehrli direkt ins Barrique. Den Finessenreichtum erhält der Wein durch eine lange, zwei bis dreimonatige kühle Spontanvergärung. „Manchmal gibt‘s einen biologischen Säureabbau“, sagt die Winzerin. Zur Stabilisierung setzt sie nur sehr wenig Schwefel ein. „Es braucht keine Neuheit, sondern nur die gewisse Feinheit“, kommentiert Susi Steiger ihren Favoriten. Die Sensorik des Weins gibt ihr Recht: Meistens zerfällt ein Wein, wenn er zwei Grad wärmer ist, nicht jedoch ihr RxS: Der „Esprit“ entfaltet sich im Glas aromatisch, gewinnt an Breite und Frucht. Als Begleiter der Rhabarber-Variationen mit Ziegen-Frischkäse ergibt sich ein echtes Gaumenerlebnis. „Vater hat mit dem ersten Riesling-Silvaner 1998 angefangen, ich habe damit im Jahr 2004 begonnen, blickt die bald 37-Jährige, die den heute 11 Hektar grossen Betrieb in dritter Generation führt, in die Familiengeschichte zurück.

Frisches Holz - frischer Wein

Der zwar zum Ziegenkäse im Vergleich zu Susis Steiger-Wehrlis Riesling-Silvaner nicht ganz so ideal passende Räuschling von Mathias Bechtel aus dem zürcherischen Eglisau am nördlichen Rheinufer nahe der deutschen Grenze wäre mit seiner feinnervigen Säure ein idealer Begleiter zu einem Fisch- oder Meerfrucht-Gericht. „Reifes Traubengut kann zwar auf Kosten der Frische gehen, doch diese hole über den Einsatz einheimischer 500-Liter-Akazienholz-Fässer wieder zurück.“, gibt der Präsident von Junge Schweiz Neue Winzer preis. Frisches Holz - frischer Wein. Sein Räuschling, eine autochthone Sorte aus dem Zürichsee-Gebiet, wird neun Monate auf der Hefe ausgebaut und regelmässig in Schwebe gehalten. Im Glas zeigt er sich in zartem Hellgelb, in der Nase mit dezenten Zitrus- und Aprikosennoten und am Gaumen feinnervig mit guter Säurestruktur und mittlerem Abgang.

Forschungsprojekt "Gamaret" und filigraner Pinot Noir

Zum Hauptgang, einem Kalbsfiletmedaillon mit Kohlrabi , Schalotten, Trüffel und Kartoffelstock werden der Gamaret „Château de Praz - Réserve rouge 2016“ von Marylène Bovard-Chervet aus Praz am Murtensee im Kanton Fribourg und die „Cuvée Elisa, Pinot Noir non égrappé 2017“ von Martin Porret aus dem neuenburgischen Cortaillod serviert. Interessant, wie sich die beiden Weine voneinander unterscheiden: Hier der tiefdunkle, schwärzlich-rubinrote, kräftige Gamaret, den Marylène 18 Monate teilweise im Schweizerholz aus Murten und in französischer Eiche ausbaut, um die Komplexität des Weines zu fördern, da der ein mittleres Rubinrot zeigende, feingliedrige Pinot Noir, den Martin Porret zu hundert Prozent in französischem Barrique reifen lässt. Marylène beschäftigt sich seit längerem mit der Forschung nach der idealen Ausbaumethode der Rebsorte „Gamaret“, einer 1970 lancierten roten Schweizer Neuzüchtung der Agroscope in Pully am Genfersee zwischen der roten Gamay-Traube und der weissen Sorte Reichensteiner. „Ich finde, diese Cépage hat sich sehr gut entwickelt, ich werde mit meiner Forschung auf jeden Fall weiterfahren“, sagt die freiburger Winzerin über den Gamaret. In der Nase lassen sich dichte dunkle, reife Beeren schwarze Kirschen und Cassis (schwarze Johannisbeeren) mit einem Hauch „Umami“, an reifes Tomatenfleisch erinnernde Aromen ausmachen. Am Gaumen wirkt er rund, harmonisch, mit feinporigen Tanninen, mittlerer Säure, dichter, schwarzer Frucht und langem, würzigen Abgang. Der Neuenburger Pinot Noir fällt indessen mit seiner intensiven, filigranen reifen Frucht, der vom Juraboden geprägten Mineralität und dem zartem amaretto-betonten Abgang als besonders feingliedriger Begleiter des zarten Kalbfilets auf. Martin ist stolz auf den kleinbeerigen Pinot-Noir-Klon, der in den besten Lagen des Familiengutes heranwächst, mit den Rappen vergoren, anschliessend gepresst und vor der Abfüllung 14 Monate im grossen Eichenfass ausgebaut wird.

Knackiger Kerner oder würzig-dunkelfruchtige Cuvée?

Zum abschliessenden Käsegang mit Camembert, Rotschmier- und Hartkäse dann nochmals ein sehr unterschiedliches Paar: Der saftig-frische, säurebetonte „Jungspund“, ein knackiger Kerner von Roman Rutishauser, und die würzig-dunkelfruchtige dichte Cuvée aus Cabernet Franc, Diolinoir, Gamaret von Sandrine Caloz aus dem Wallis. Ersterer zeigt im Glas ein helles, klares, funkelndes Zitronengelb, riecht dezent nach reifen Aprikosen mit einem Hauch von Minze, Birne und Rhabarberkompott und offenbart am Gaumen die charakteristisch kernige, stützende Säure und intensive mineralische Noten mit mittellangem Abgang. Romans Temperament zeigt sich im „Jungspund“. Er führt den väterlichen Betrieb in dritter Generation schwärmt von der ursprünglich aus Deutschland stammenden Rebsorte: „Der Kerner spielt bei uns eine wichtige Rolle. 1973 hat ihn mein Grossvater in die Schweiz gebracht.“ Nach einer ersten Selektion im Rebberg verwendet Roman für diesen exklusiven, in gerade mal 600 Flaschen abgefüllten Wein nur die besten Trauben. Nach einer Maischestandzeit von 12 bis 18 Stunden vergärt der schonend abgepresste Traubensaft im neuen Barrique und reift darin anschliessend ohne BSA je nach Jahrgang sechs bis acht Monate auf der Feinhefe zu einem Wein, den auch die jungen Weingeniesserinnen und –geniesser gerne trinken.

Bilder-Galerie

1 Anne-Claire Schott, Schott Weine, Twann, präsentierte am 28.3.19 in Luzern auch ihren Pinot Gris Orange.
2 Johann Babtist von Tscharner, Reichenau (Reichenauf, GR) und Alain Schwarzenbach, Weingut Schwarzenbach, Meilen (ZH) (Meilen, ZH)
3 Ralf Komminoth, Maienfeld (GR)
4 Martin Wolfer, Weinfelden (SG) und Fabrice Simonet, Môtier (Vully, FR)
5 Nick Bösiger, Twann (Bielersee, BE)
6 Etienne Javet, Lugnorre (Vully, FR)
7 Martin Porret, Cortaillod (Neuenburgersee, NE)
8 Marylène Bovard-Chervet, Praz (Vully, FR)