Sonniges Walliser Highlight aus Salgesch

Mit der ersten Schweizer Online-Live-Degustation landen Sandra und Olivier Mounir einen Hit in der trüben Coronakrise. Über 500 Personen verfolgen am Donnerstag, 2. April 2020 den Topevent am Bildschirm.

(AKM) «So funktionierts», lauten die Anweisungen im Vorfeld der Degustation:

"Bestellen des Weinkits "Walliser Sonnenschein" für die erste Schweizer Online-Live-Weindegustation bei www.Rhodan.ch."

Angesagt ist der Jahrgang 2018, ein schwieriger Jahrgang und doch ein Jahr der Superlative: Starker Frost im Frühling, der vielerorts zu Ausfällen führt, genügend Niederschlag und der drittwärmste Sommer seit Messbeginn im Jahr 1864 führen zu quantitativ und qualitativ hochstehender Ernte, die manchen Winzerbetrieb für die grossen Ausfälle im Jahr 2017 entschädigt. Die Traubenreife ist nahezu perfekt. Besonders die roten Sorten reifen sehr gut aus. Indessen führen die warmen Sommertemperaturen in vielen Schweizer Weinregionen zu hohen Oechsle- und entsprechenden Alkoholgraden. "Der richtige Lesezeitpunkt war sehr wichtig", beantwortet Olivier Mounir eine der zahlreichen Fragen während der Onlinedegustation. Auch Erinnerungen an die Vorgängergeneration des 1962 gegründeten «Familienbetriebs» werden wach. «Jeder Keller hat seinen eigenen Stallgeruch, ziehe deine Linie durch – und bleib dir selber treu», pflegte Vater Mounir zu seinem Sohn zu sagen. Ein Rezept, das Olivier und Sandra Mounir trotz aller Innovationsfreudigkeit weiter befolgen.

Den Fahrplan halten wir minutiös ein, nur beim Bereitstellen der Weingläser sind wir verspätet … und zum Posten der Bilder reicht es nicht.

13:00 Uhr: Sechs Weingläser und einen Zapfenzieher bereitstellen

17:30 Uhr: Facebook (hier) oder Youtube Link (hier) anklicken, falls es Browser Probleme geben sollte, dann empfehlen wir den Google Chrome Browser.

17:45 Uhr: Fragen notieren.

17:50 Uhr: Perfekt temperierte Weine bereitstellen und öffnen (es ist wichtig, dass für die Degustation alle Weine zum selben Zeitpunkt geöffnet werden, damit Vergleiche gezogen werden können, Anm. d. Red.)
- 1 Flasche Fendant Cave du Rhodan 2018, 50 cl (gekühlt auf 14 Grad)
- 1 Flasche Petite Arvine, Cave du Rhodan 2018, 50 cl (gekühlt auf 14 Grad)
- 1 Flasche Blanc de Noir, Cave du Rhodan 2018, 50 cl (gekühlt auf 14 Grad)
- 1 Flasche Perle de Salquenen, Cave du Rhodan 2018, 50 cl (18 Grad beim Öffnen)
- 1 Flasche Humagne rouge, Cave du Rhodan 2018, 50 cl (18 Grad beim Öffnen)
- 1 Flasche Malvoisie flétry, Cave du Rhodan 2018, 35 cl (16 Grad beim Öffnen)

17:55 Uhr: Foto posten und mit dem Hashtag #WalliserSonnenschein auf den Sozialen Medien teilen.

kurz nach 18:00 Uhr: "Geniessen Sie mit uns die Walliser Sonne!"

Alles zur Online-Live-Degustation bereit

In aller Eile erneuere ich mein scheinbar vergessenes Passwort auf Youtube - uff, es passt – gerade noch rechtzeitig vor 18 Uhr!

Das pünktlich angelieferte Weinkit wartet in perfekter Temperatur darauf, geöffnet zu werden. Die Gläser stehen wie bei einer Profidegustation bereit.. Auch das in Würfel geschnittene Brot fehlt nicht.

Kurz nach 18:00 Uhr eröffnen Olivier und Sandra Mounir, die innovativen Inhaber der traditionsreichen Cave Rhodan (Rhodan stammt aus dem Lateinischen und bezieht sich auf den Fluss Rhone), in Online-Anwesenheit von über 340 angemeldeten Weinfreunden und ihrem Anhang die erste Schweizer Online-Live-Degustation.

Mit Verve und spürbarer Freude präsentieren die Gastgeber ihre Weine und beantworten einen Teil der zahlreichen, online eintreffenden, durchwegs interessanten Fragen. NZZ-Weinredaktor und Weinakademiker Peter Keller kommentiert in einer Webzuschaltung den Perle du Rhodan, während fast im Sekundentakt weitere Kommentare der teilnehmenden WeinfreundInnen, WeinjournalistInnen und GastronomInnen auf dem Bildschirmrand aufscheinen. Nebenbei weist Olivier Mounir auf die vom Mettelhorn geprägten Wein-Etiketten hin.

Die 75 Minuten vergehen wie im Flug. Wein für Wein wird sachkundig kommentiert, Fragen werden laufend beantwortet.

Die Kommentare sind durchwegs höchst positiv. Während der schwierigen Corona-Zeit, die Isolation und Verzicht erfordert, ist es Sandra und Olivier Mounir gelungen, ein gemeinsames, unvergessliches Weinerlebnis auf die Beine zu stellen, das sich in Zukunft fest im Weinmarketingbereich etablieren dürfte. Und doch sind sich alle Teilnehmenden einig: Es geht nichts über den persönlichen Kontakt und das Degustationserlebnis bei den Winzerinnen und Winzern selber, einer typisch schweizerischen Besonderheit, die wohl kaum je überboten werden kann. Ich selber freue mich aber schon heute auf den nächsten vergleichbaren Online-Event!

Degustationsnotizen

Angela Kreis-Muzzulini

2 Petite Arvine Cave du Rhodan, 2018 (Die alte Walliser Rebsorte wurde 1602 erstmals schriftlich erwähnt.) / 18 Punkte
Auge : Helles, strahlendes Gelb, Schlieren
Nase: Vielschichtige exotische Aromen, reife Aprikosen, mineralisch
Am Gaumen würzig, mittelplus Säure, reife, exotische Früchte, rund, mitleicht salzigem, charakteristischem, langem Abgang

3 Blanc de Noir, 2018 («Rosé liegt im Trend, der Wein ist eine Art «Oeil de Perdrix», dieser Begriff ist jedoch den Neuenburger Rosé-Weinen vorbehalten», sagt Olivier Mounir dazu.
Ich selber würde den Wein jedoch eher «Pinot Noir Rosé» nennen)
Auge: Dieser Wein präsentiert sich in strahlend klarem, prägnanten Lachsrosa mit Schlieren am Glas; in der Nase finden sich Noten von reifen Erdbeeren, Rhabarber, Klaräpfel und am Gaumen sind reife Beerennoten, frische Kräuter und etwas Restsüsse bei einem mittleren Finale wahrzunehmen.

4 Perle du Rhodan Pinot Noir, 2018
Auge: Dunkelklares Rubinrot, Schlieren
Nase: Beeren- und Cassis- und Mandelnoten, begleitet von feinwürzigen Holzaromen, am Gaumen kräftige, noch leicht grüne, straffe Tannine, mittlere Säure und tiefe Fruchtnoten sowie dezente Röstaromen, recht langes Finale

5 Humagne Rouge Cave du Rhodan, 2018
Auge: Dunkles, leicht trübes Rubinrot, in der Nase Noten von blühenden Rosen, Kampfer und Terroir, am Gaumen rund, harmonisch mit kräftigen Tanninen, mittlerer Säure und eleganter Frucht, langer Abgang

6 Malvoisie flétry douce, 2018 / 18 Punkte (Grauburgunder/Pinot Gris, geerntet mit 150 Oechslegraden!) angebaut auf 850 m ü. M. in Miège
Die spät reife Sorte profitiert von kalten Nächten und warmen Tagestemperaturen, dem Föhnwind, der nassen Nebel verhindert, und der dadurch eine trockene, besondere Edelfäule begünstigt. Der Wein präsentiert sich in einem mittleren Hellgelb mit Schlieren am Glas, äusserst aromatischer, fruchtiger Nase mit Noten von reifen Aprikosen und am Gaumen schlank, elegant mit betörend fruchtigen Komponenten, ohne süsse Opulenz aufkommen zu lassen. Ein langer Abgang krönt diese kleine Kostbarkeit.