img
img
img

Sehnsucht nach dem Südtirol

In Zeiten, in denen das Reisen fast nur in Gedanken stattfinden kann, lässt man sich gerne virtuell in geliebte Regionen entführen. So folgten am Dienstag, 10.3.21 fünzig Personen dem Ruf der Südtiroler Winzer zur Online-Degustation von sechs charaktervollen Weinen ihrer Heimat.

Angela Kreis-Muzzulini


Bild: Südtirol Wein, St. Magdalena, © Tiberio Sorvillo

Italien! Südtirol! Wo der Süden auf den Norden trifft! Da fängt das Träumen an. Sage und schreibe 300 Sonnentage, 1946 Sonnenstunden pro Jahr und rund 800 mm Regen weist das beliebte, an die Schweiz und Österreich grenzende, im Norden des Alto Adige - Trentino gelegene Weinbaugebiet auf. Verträumte Hügel um Meran, kleine Dörfer im langgezogenen Etschtal, halsbrecherische Reblagen bis hinauf auf 1000 Meter Höhe im Eisacktal, die Ebene umsäumenden Rebberge um die Stadt Bozen mit dem berühmten Campo und die sich im «Unterland» langsam in Richtung Triest erstreckenden Rebenzüge zeichnen ein markantes Weinbau-Dreieck ab. Boden- und Sortenvielfalt, aber auch das alpin-mediterrane Klima, und die imposante Silhouetten der vor Regen schützenden Alpen und der Dolomiten prägen die Landschaft in dieser nördlichsten Ecke des italienischen Weinbaus.

Botschafter des Südtiroler Weinbaus

Die Zeitschrift Vinum stellte die Südtiroler Gipfelstürmer der letzten fünf Jahre vor. Aus den 25 höchstbewerteten Weinen wählten Thomas Vaterlaus und Alicia Mettler zusammen mit Südtirol Wein für die Degustation sechs Weine aus und schickten diese in Glasröhrchen abgefüllt den angemeldeten Degustationsteilnehmenden zu. Eine klare Botschaft und eine wunderbare Aufforderung, sich mit Eduard Bernhard, Direktor des Konsortiums Südtirol Wein, und Judith Unterholzner per Zoom gemeinsam über das Südtirol zu unterhalten.

Kreativer Weinbau in aussagekräftigen Zahlen

Rund 5000 WinzerInnen bewirtschaften die 5550 ha Anbaufläche in den zwei DOC-Hauptappellationen DOC Kalterersee und DOC Südtirol mit den sechs Unterappellationen. (Siehe Nebeninfos) Über 150 Kellereien, davon 12 Genossenschaften, 33 Private Kellereien und mehr als 100 Freie Weinbauern, füllen insgesamt etwa 40 Millionen Flaschen ab. In den letzten Jahren haben sich die innovativen WinzerInnen im Südtirol das milde Kontinentalklima mit den kühlen Nächten, den mediterranen Einflüssen und die kühlende, vom Gardasee herkommende Brise im Sommer zunutze gemacht und die früher von Rotwein geprägte Gegend in ein Reich weisser Spezialitäten umfunktioniert. Das Verhältnis weist heute 62 % weisse 38 % rote Gewächse auf.

Stolzer Sortenspiegel

Die Südtiroler präsentieren ihren mit 20 Varietäten reichen Sortenspiegel sichtlich mit Stolz. Das Weiss–Rot-Duo Pinot Gris und Vernatsch sind nach wie vor die Spitzenreiter. Auf deren Fersen folgen Gewürztraminer, Weissburgunder und Chardonnay bei den Weissen und Pinot Noir wie Lagrein bei den Roten. «Der Vernatsch (Schiava/Trollinger) früher überall in grosser Menge kultiviert, verliert an Fläche, weil er nur noch da angebaut wird, wo wirkliches Potenzial vorhanden ist.», berichtet Eduard Bernhard. Auch wird er durch andere Sorten verdrängt. Eigentlich schade, meine ich, denn autochthone Sorten sind – im Rebberg mit Sorgfalt gepflegt und im Keller umsichtig gekeltert und ausgebaut – immer eine einzigartige, unvergleichliche Besonderheit eines Weinbaugebietes. Wie bekommen mir diese hell rubinroten, leichtfüssigen, fruchtig-blumigen und nervigen Gewächse mit moderatem Alkoholgehalt, die in der Gegend des Kalterer Sees entstehen. Tiefgründiger präsentiert sich die Sorte am St. Magdalener Hügel im Norden von Bozen. Hier verleiht der lehmhaltige Moränenschutt, Flusschotter, Sandeinschlüsse und Verwitterungen des Quarzporphyrs dem Wein seinen besonderen Charakter und ein kleiner Anteil Lagrein gibt dem Vernatsch aus dieser DOC Unterappellation zusätzlich eine geheimnisvolle Tiefe.

Knackige, frischfruchtige Weisse in der Höhe– komplexe Rote in tieferen Lagen

Das Geheimnis der Südtiroler Weine liegt in den vielseitigen Bodenstrukturen und den grossen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht. Werden die charakteristischen, meist knackig frischfruchtigen Weissen in höheren Lagen bis 1000 m über dem Meeresspiegel kultiviert, trifft man die tiefgründigen Roten wie Merlot und Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc in mittleren Lagen, während in der Talsohle auf den warmen, gut durchlässigen Griesböden um Bozen die bekannte, autochthone, im Glas tiefdunkle Rebsorte Lagrein optimal heranreift. Wer ins Südtirol fährt, sollte sich indessen auch den unvergleichlichen Südtiroler Pinot Noir aus den Lagen um das Dorf Mazon im Etschtal nicht entgehen lassen.

Zu den Degustationsnotizen

Adressen: https://www.suedtirolwein.com

Südtirol / Alto Adige - Wissenswertes auf einen Blick
(Quelle Konsortium Südtirol Wein, www.suedtirolwein.com
Informationsbüro für Südtirol Wein in der Schweiz: www.mettlervaterlaus.ch)

Zwei DOC Hauptappellationen

Südtirol DOC
Kalterersee DOC

Sechs DOC Unterappellationen

Südtirol Eisacktaler DOC
Südtirol St. Magdalener DOC
Südtirol Terlaner DOC
Südtirol Meraner DOC
Südtirol Vinschgau DOC
Südtirol Bozner Leiten DOC

Rebfläche: 5’500 Hektar

Anzahl Kellereien: Mehr als 150 Betriebe, davon 12 Genossenschaften, 33 Private Kellereien und mehr als 100 Freie Weinbauern

Höhenlage: 200 bis 1’000 Meter über Meer

Böden: Vom vulkanischen Porphyr (Meran, Bozen, Kaltern) über verwitterte Urgesteinsböden aus Quarz und Glimmer (Eisacktal), Kalk-und Dolomitgestein (Unterland) bis hin zum sandigen Mergel (südlich von Kurtatsch)

Klima: Mildes, alpin-kontinentales Klima mit über 300 Sonnentagen im Jahr, im Norden die vor kalten Winden schützenden Alpen, aus dem Süden mediterrane Strömungen von Gardasee und Mittelmeer. Große Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, Durchschnittstemperatur von 18°C während der Wachstumsphase und ausreichend Niederschläge schaffen zudem ideale Voraussetzungen für eine hohe Traubenqualität.

Niederschläge: 500 –800 mm pro Jahr

Rebsorten:62% weiße Sorten und 38% rote Sorten

Wichtigste weisse Rebsorten:
Grauburgunder 11,9%, Gewürztraminer 11,0%, Chardonnay 10,5%, Weissburgunder10,3%, Sauvignon Blanc 8,1%, Müller-Thurgau3,3%, Kerner2%, Goldmuskateller1,7%, Riesling 1,7%, Sylvaner1,2%, GrünerVeltliner0,5%

Wichtigste rote Rebsorten:
Vernatsch10,8%, Blauburgunder9,2%, Lagrein 8,9%, Merlot 3,4%, Cabernet Sauvignon und Franc2,9%, Rosenmuskateller0,1%

Produktion DOC Weine:

2018: ~354.000hl
2019: ~320.000 hl
2020: ~309.000 hl

Exportanteil: ¼ derGesamtmenge
Wichtigste Exportmärkte:

1.Deutschland
2.USA
3.Schweiz